Beleihungswert vs. Verkehrswert: So beeinflusst er Ihren Kredit
Kennen Sie den Unterschied zwischen dem Beleihungswert und dem Verkehrswert Ihrer Immobilie? Wahrscheinlich nicht – obwohl er über die Höhe Ihres möglichen Kredits entscheidet. Gerade in Zeiten schwankender Immobilienpreise sollten Sie diesen Unterschied verstehen, denn er könnte Ihre Finanzierungspläne erheblich beeinflussen.
Beleihungswert nach §16 Abs. 2 PfandBG – was steckt wirklich dahinter?
Der Beleihungswert ist für Banken das A und O bei der Kreditvergabe – das merke ich in meinen Beratungsgesprächen immer wieder. Nach §16 Abs. 2 PfandBG handelt es sich dabei um den langfristig erzielbaren Wert einer Immobilie, unter Ausschluss spekulativer und vorübergehender Marktentwicklungen. Im Klartext: Was ist die Immobilie wirklich wert, wenn man alle Hypes und kurzfristigen Trends außen vor lässt?
Was mich in der Praxis immer wieder überrascht: Viele Eigentümer verstehen nicht, warum die Bank ihre Traumimmobilie niedriger bewertet, als der Makler es tut. Der Grund liegt auf der Hand – Banken denken langfristig und risikoavers. Sie müssen sich fragen: „Was bekommen wir für diese Immobilie, wenn der Kredit in 15 Jahren platzt?“
Die Differenz zwischen Markt- und Beleihungswert ist dabei kein Zufall, sondern System. Typischerweise liegt der Beleihungswert etwa 10-25% unter dem Verkehrswert – wobei ich in Ballungsgebieten mit überhitzten Märkten durchaus schon größere Abschläge gesehen habe. Dieser „Sicherheitspuffer“ schützt letztlich beide Seiten vor überzogenen Finanzierungen.
Was wird bei der Ermittlung berücksichtigt? Hier kommen die Experten ins Spiel, die nach der Beleihungswertermittlungsverordnung (BelWertV) arbeiten. Dabei achten sie besonders auf:
- Die nachhaltige Vermietbarkeit – nicht, was heute möglich ist, sondern was langfristig realistisch bleibt
- Bausubstanz und Instandhaltung – vernachlässigte Gebäude werden deutlich abgewertet
- Energieeffizienz – die spielt mittlerweile eine viel größere Rolle als noch vor einigen Jahren
- Demographische Entwicklung am Standort – was nützt die schönste Immobilie in einer Region, die sich entvölkert?
- Langfristige Marktgängigkeit – wie schnell lässt sich die Immobilie im Notfall verkaufen?
Marktwert und Verkehrswert – was hat sich 2025 geändert?
Im Gegensatz zum vorsichtigen Beleihungswert steht der optimistischere Verkehrswert (oder Marktwert), der laut §194 Baugesetzbuch den aktuellen, realistisch erzielbaren Preis abbildet. Hier hat sich in den letzten Jahren einiges getan! Die Bewertungskriterien wurden verfeinert und an aktuelle Marktentwicklungen angepasst.
Wissen Sie, was mich bei den neueren Entwicklungen besonders beeindruckt? Die ImmoWertV berücksichtigt inzwischen deutlich stärker Faktoren wie Energieeffizienz und Digitalisierungsgrad. Was früher als „nice to have“ galt, ist heute preisbestimmend. Eine energetisch modernisierte Immobilie kann heute einen erheblichen Preisaufschlag erzielen – was sich übrigens auch positiv auf den Beleihungswert auswirken kann.
Für die Ermittlung des Verkehrswerts kommen in der Praxis drei verschiedene Methoden zum Einsatz:
- Vergleichswertverfahren: Hierbei schauen wir, was vergleichbare Objekte in der Umgebung tatsächlich erzielt haben. Die digitalen Tools haben sich hier enorm verbessert! Früher musste man mühsam recherchieren, heute gibt es umfassende Datenbanken, die tagesaktuelle Vergleichswerte liefern.
- Ertragswertverfahren: Besonders bei vermieteten Objekten relevant. Was bringt die Immobilie langfristig an Einnahmen? Die Liegenschaftszinssätze wurden kürzlich angepasst – ein wichtiger Faktor, der die Bewertung beeinflusst.
- Sachwertverfahren: Was würde es kosten, das Gebäude heute neu zu errichten? Minus Alterswertminderung plus Bodenwert. Die gestiegenen Baukosten haben hier zu teils drastischen Anpassungen geführt.
Ich muss an dieser Stelle betonen: Der Verkehrswert schwankt deutlich stärker als der Beleihungswert. In meiner Berufspraxis habe ich erlebt, wie Objekte innerhalb weniger Jahre Wertsteigerungen von 30% und mehr verzeichneten – und in anderen Regionen entsprechende Verluste. Der konservativere Beleihungswert bleibt davon weniger stark beeinflusst.
Warum Sie den Unterschied kennen sollten – praktische Auswirkungen
Jetzt wird’s konkret – und vielleicht auch ein bisschen ernüchternd für angehende Immobilienkäufer. Die Differenz zwischen Beleihungs- und Verkehrswert entscheidet maßgeblich über Ihre Finanzierungsmöglichkeiten.
Ein typisches Szenario aus meiner Beratungspraxis: Eine Familie möchte ein Haus für 500.000 Euro kaufen. Der Verkäufer und Makler bestätigen diesen „marktüblichen Preis“. Die Bank ermittelt jedoch einen Beleihungswert von nur 400.000 Euro. Bei einer maximalen Beleihungsgrenze von 80% (was für Wohnimmobilien üblich ist) ergibt sich eine maximale Kredithöhe von 320.000 Euro.
Was bedeutet das für unsere Familie? Sie müssen nicht 100.000 Euro (20% des Kaufpreises) als Eigenkapital einbringen, sondern satte 180.000 Euro – plus Nebenkosten! Diesen Unterschied übersehen viele Kaufinteressenten und geraten dann in Finanzierungsnöte.
Seit den verschärften Anforderungen an die Kreditvergabe müssen Banken zudem detailliertere Stresstests durchführen. Der konservative Beleihungswert dient dabei als Sicherheitsnetz – sowohl für die Bank als auch letztlich für Sie als Kreditnehmer.
Wie Sie die Beleihungswert-Verkehrswert-Schere optimieren können
Gibt es Möglichkeiten, diese Differenz zu verringern? Durchaus! Meine Erfahrung zeigt, dass gezielte Investitionen den Beleihungswert überproportional verbessern können:
- Energetische Sanierungen schlagen sich positiv in beiden Werten nieder, werden aber beim Beleihungswert stärker honoriert, da sie langfristige Betriebskosten senken
- Investitionen in die grundlegende Bausubstanz (Dach, Fassade, Fenster) wirken nachhaltiger als kosmetische Renovierungen
- Die sorgfältige Dokumentation aller Modernisierungen ist Gold wert! Was der Gutachter nicht sieht oder nachvollziehen kann, wird auch nicht positiv berücksichtigt
- Die erweiterten Abschreibungsmöglichkeiten für energetische Maßnahmen machen solche Investitionen zusätzlich attraktiv
Ich halte übrigens die neuen dynamischen Beleihungsmodelle einiger Banken für einen interessanten Ansatz. Hier kann der Beleihungswert nach wertsteigernden Maßnahmen neu bewertet werden – was zu besseren Konditionen oder höheren Beleihungsquoten führen kann. Fragen Sie Ihre Bank gezielt danach!
Mein Fazit: Realismus statt Wunschdenken
Nachdem ich jahrelang die Diskrepanz zwischen Wunschvorstellungen von Käufern und der Bewertungspraxis der Banken beobachtet habe, rate ich zu einem gesunden Realismus. Der Beleihungswert nach §16 Abs. 2 PfandBG ist kein Ärgernis, sondern ein Schutzmechanismus, der letztlich allen dient.
Verstehen Sie die Unterschiede zwischen den Wertarten und planen Sie Ihre Finanzierung entsprechend großzügiger. Berücksichtigen Sie, dass Sie wahrscheinlich mehr Eigenkapital benötigen werden, als Sie zunächst kalkuliert haben. Und investieren Sie gezielt in Maßnahmen, die den langfristigen Wert Ihrer Immobilie sichern.
Besonders in Zeiten volatiler Märkte – und die erleben wir gerade – zeigt sich die Weisheit des konservativen Bewertungsansatzes. Ich bin überzeugt: Wer heute eine solide Finanzierung auf Basis eines realistischen Beleihungswerts abschließt, wird auch in schwierigeren Marktphasen ruhig schlafen können. Und genau das sollte doch das Ziel beim Erwerb der eigenen Immobilie sein, oder?